Münster als Stadt
Münster als Stadt des Friedenskongresses Der 6. Oktober 2023 kündigte sich schon in der Frühe vielversprechend an. Ein schöner Herbsttag stand be- vor. So konnten sich dann auch am frühen Nachmittag 27 Civilistinnen und Civilisten über eine entspannte Führung durch die Innenstadt auf der Route Krameramtshaus-Lambertikirche-Drubbel-Domplatz freuen und den Gang zu den verschiedenen historischen Erinnerungsstätten bei angenehmen Temperaturen genießen. Diese Führung war die erste der drei Veranstaltungen des Civilclubs, die sich dem Jubiläum „375 Jahre Westfälischer Friede“ im Oktober widmen.
Zunächst traf man sich im hiesigen Stadtmuseum. Frau Claudia Holze-Thier, eine freie Mitarbeiterin des Muse- ums, führte die Zuhörer in einem circa zwanzigminütigen Vortrag in das Thema ein und veranschaulichte ihre Aus- führungen mit interessantem Bildmaterial. Sie beschrieb, wie der Dreißigjährige Krieg aus Konfes- sionsstreitigkeiten hervorging, durch den Prager Fenstersturz im Jahre 1618 ausgelöst wurde und sich dann später durch die Einmischung der europäischen Großmächte zu einem Territorialkrieg und politischen Machtkampf entwickelte. Auch auf die Bedeutung des Achtzigjährigen Krieges der Niederländer gegen die Spanier, der ebenfalls in Münster endete, wurde hingewiesen. Der in Prag begonnene Dreißigjährige Krieg weitete sich schnell aus und kam auch nah an Münster heran, so etwa mit dem Einfall der Truppen des Herzogs Christian von Braunschweig in das Fürstbistum Münster sowie der späteren Schlacht bei Stadtlohn zwischen Christians Truppen und denen des kaiserlichen Generals Graf Tilly, der die Schlacht für sich entschied.
Um das Jahr 1640 wuchs die allgemeine Kriegsmüdigkeit, und man beriet sich über einen Friedensschluss. Münster und Osnabrück wurden als Tagungsorte vorgeschlagen. Mit Hilfe räumlicher Trennung sollten Streitigkeiten unter den Delegierten vermieden werden. Es wurde eng in Münster, weil die Delegationen mit großem Gefolge – auch mit ihren Familien – angereist waren. Die Delegation der Franzosen zum Beispiel betrug etwa 700 Personen. Die Gesandten und deren Gefolge wurden in Adelshöfen, Klöstern, Häusern am Domplatz oder in Bürgerhäusern an anderen Orten der Stadt untergebracht. Anhand einer alten Stadtkarte wies Frau Holze-Thier auf einzelne Unterbringungsorte hin.
Auf die Frage, warum die Friedensverhandlungen sich so lange – etwa fünf Jahre – hingezogen hatten, nannte sie als einen Grund die lange Dauer der Brieflaufzeit, die sich ergab, wenn die Gesandten mit den heimatlichen Herrschern einzelne Fragen und Probleme abstimmen mussten. Nach der informativen Einführung in die Thematik hieß es nunmehr, die bereits oben genannten wesentlichen Schauplätze aufzusuchen.
Das Krameramtshaus, so führte Frau Holze-Thier aus, war eine bedeutende Station des Westfälischen Friedens. Es wurde 1589 erbaut und war ursprünglich ein Gildehaus, in dem die Mitglieder der Krämer ihre Versammlungen abhielten. Bei den Friedensverhandlungen diente es den niederländischen Gesandten als Unterkunft und vor allem als Versammlungsort. Hier wurden nicht nur ernsthafte Gespräche geführt, sondern auch reichlich gegessen, getrunken („Gesundheitstrinken“) und gelacht. Das Krameramtshaus ist leider zum gegenwärtigen Zeitpunkt eingerüstet, so dass man die hübsche Fassade nicht erkennen kann. Häuser ähnlicher Bauweise waren damals auch am Alten Steinweg zu sehen, der früher Münsters Prachtstraße war. Dort wohnten ebenfalls viele Mitglieder der niederländischen Gesandtschaft.
Danach ging die Führung zum Drubbel und zur Lambertikirche. Der Drubbel war zur Zeit des Westfälischen Friedens eine Siedlung mit wenigen Häusern im Schatten der Lambertikirche . Hier stand bis 1712 die bischöfliche Münzstätte. Als der Fortgang der Friedensverhandlungen wegen aufkommender Streitigkeiten gefährdet war, wandte sich in der Lambertikirche der damals hoch angesehene Münsteraner Ratsherr Dr. med. Bernhard Rottendorff in einer bedeutsamen Rede mit einem Friedensappell an die Kongressteilnehmer.
Bei der nächsten Station am Domplatz wusste Frau Holze-Thier u.a. eine nette Anekdote zu erzählen. Im Haus Nr. 34 wohnte während der Verhandlungen der französische Gesandte Herzog von Longueville. Dieser war mit einer äußerst aufwendigen, der zweifellos größten Gefolgschaft angereist. Entsprechend prunkvoll gestaltete sich der Einzug seiner Gemahlin, die er nachkommen ließ. Sie empfand ihren Aufenthalt in Münster als langweilig und suchte nach kurzweiligen Unterbrechungen. Ihr zu Ehren kam es zu einer ganz besonderen Attraktion in Münster. Ein tanzender Elefant führte zur Unterhaltung der Herzogin Kunststücke auf.
Frau Holze-Thier zeigte der Gruppe die Ablichtung eines Kupferstiches aus dem Jahre 1650, auf dem der dressierte Elefant mit Kunststücken zu sehen war. Sodann lenkte Frau Holze-Thier das Augenmerk der Zu- hörer auf die am Domplatz gelegenen Gebäude der alten Post und des Regierungspräsidenten. Dort befanden sich damals Gesandtenquartiere. Unter anderem in diesen Quartieren wie auch im dortigen Bischofshof wurden am 24.10.1648 die Friedensverträge von Münster und Osnabrück unterschrieben. Die Unterschriften wurden, was heute weniger bekannt ist, nicht im Rathaus von Münster geleistet. Unterschrieben wurden die Verträge auch nur in Münster und nicht in Osnabrück. Mit dem Zustandekommen der Verträge wurden Münster und Osnabrück zu Städten des Friedens.
„Pax sit christiana, universalis, perpetua“, es sei ein christlicher, allgemeiner, immerwährender Friede. Mit diesen Worten beginnt der erste Artikel der lateinisch abgefassten Friedensverträge. Frau Holze-Thier hob hervor, dass es darum ging, die Parteien nicht als Sieger und Besiegte zu sehen. Alle Parteien sehnten sich ausschließlich nach Frieden und konnten so die Verhandlungen zum Erfolg führen. Im Rathaus wurde das Ende des Dreißigjährigen Krieges dann gebührend gefeiert. Damit endete eine höchst interessante, informative und abwechslungsreich gestaltete Führung, für die der Vizepräsident des Civilclubs, Herr Andersson, im Namen aller teilnehmenden Personen Frau Holze-Thier sehr dankte.
Seinen Abschluss fand dieser rundum gelungene Nachmittag schließlich mit einem gemütlichen Beisammensein der Civilistinnen und Civilisten in dem zum Thema passenden Café 1648 im Stadthaus I. Über den Dächern Münsters mit einem traumhaften 360-Grad-Panorama in der 12. Etage genossen alle bei Kaffee und Kuchen und unterhaltsamen Gesprächen den herrlichen Ausblick. TEXT: GABRIELE UND MARTIN BECHER