Münsters Weg durch die Pandemie
Präsident Johannes Krause Isermann begrüßte bei der jüngsten Abendveranstaltung des CC mit besonderer Freude den Stadtrat und Leiter des städtischen Corona- Krisenstabes Wolfgang Heuer. Der Kontakt zu dem viel beschäftigten Dezernenten der Stadt war über die langjährige Freundschaft des Vize-Präsidenten Eckard Andersson zu Wolfgang Heuer entstanden, und gut 35 Mitglieder waren gespannt auf die Erkenntnisse, die Heuer präsentieren würde.
Vor dem Vortrag wurde kurz und launig geklärt, ob der Stadtrat und die neue Präsidentin – beide mit Namen Heuer – verwandt seien: „Nein“, war die Antwort der beiden, sie hätten nur einen gemeinsamen Chef. Was am Anfang nach einer trockenen Chronologie der schrecklichen Ereignisse seit dem Dezember 2019 in Münster und ganz Europa aussah, wurde bald ein spannender Einblick in die Arbeit des städtischen Krisenstabes – der, wie die Rückschau zeigt, exzellente Arbeit für die Bürger geleistet hat. Die Zuhörer hatten bei Heuers Ausführungen fast den Eindruck, live bei den Entscheidungen, Erfolgen, aber auch bei Fehlwegen dabei gewesen zu sein. Heuer berichtete so spannend über die Fakten, wie die Zusammensetzung, die juristischen Hintergründe und Entscheidungswege der über die 26 Monate und 115 Sitzungen laufenden Arbeit des Krisenstabes.
Hauptaugenmerk habe man von Anfang an auf die unmittelbare und umfassende Kommunikation mit den Bürgern gelegt. Das sei vermutlich ein entscheidender Faktor dafür gewesen, dass Münster in vielen Belangen weit besser durch die Pandemie gekommen sei als viele andere Kommunen. Man habe sehr früh einen Krisenstab ins Leben gerufen und mit erstklassigen Fachleuten besetzt. Mitentscheidend sei, so Heuer, aber auch die Münstersche Sozialstruktur mit gesundheitsbewussten, informierten und häufig gut ausgebildeten Menschen gewesen, die im entscheidenden Moment nahezu alle Maßnahmen und persönlichen Einschränkungen mitgetragen hätten. So konnte relativ schnell der Pandemie in Münster die erste Spitze gebrochen werden. Bürger, Firmen, Institutionen, Kaufleute, fast alle haben sich aus Einsicht an die Regeln gehalten, wo anderenorts oft genug reine Skepsis vorherrschte. Die Münsteranerinnen und Münsteraner hätten zu weit überwiegendem Teil ihre persönliche Freiheit zu Gunsten des Schutzes der Allgemeinheit zurückgestellt.
Im Laufe der Pandemie waren die Maßnahmen in Münster so erfolgreich, dass sich phasenweise Kommunen aus dem ganzen Land nach den Münsteraner Ansätzen erkundigten und Oberbürgermeister Lewe in der Talkshow bei Markus Lanz deutlich machte, der Krisenstab (und sein Chef) hätten daran ihren wichtigen Anteil. Die Zufriedenheit mit der Arbeit beweist auch eine Umfrage der Westfälischen Nachrichten unter den Bürgern: In Münster waren in 2021 gut 77 % der Bürger mit der Arbeit der Stadt zufrieden – im Land nur 32%! Wohltuend und bemerkenswert bei dem Vortrag war, dass Heuer immer von „wir“, „dem Team“ und nie von „Ich“ gesprochen hat. Dieser Eindruck bleibt über den gesamten Vortrag erhalten und lässt sich zur gesamten Arbeit des Teams bis zum Schluss sagen. Erst, als im weiteren Verlauf der Pandemie die politischen Reibungsverluste in Deutschland größer wurden und die Politik in alte Wettbewerbsmuster zurückfiel, ging die Zufriedenheit der Bürger zurück.
Der anfängliche breite politische Konsens im Lande ging ab dem Herbst 2020 zunehmend verloren. Die Arbeit vor Ort wurde dadurch, laut Heuer, nicht einfacher. Aber es bleibt das Bild, dass in Münster dennoch weiter mutig und klug entschieden wurde – das war gut so. Wolfgang Heuer belegte mit wenigen, aber geschickt eingesetzten Statistiken, warum es zu Wellen in der Inzidenz kam und warum es im weiteren Verlauf bei viel höheren Fallzahlen weit weniger Alarm gab als am Anfang der Pandemie. Um- und einsichtiges Verhalten der Bürger, Maskentragen und die hohe Impfquote seien schließlich die entscheidenden Faktoren für den relativ guten Verlauf der Pandemie in Münster gewesen. Zu keiner Zeit seien die hiesigen Krankenhäuser über dem Limit gewesen – gleichwohl haben sie unsagbar viel geleistet. Also alles gut? „Nein“, so Heuer, es habe auch Irrtümer und falsche Einschätzungen gegeben.
So zum Beispiel im Sommer 2021, als auch in Münster die Verantwortlichen davon ausgingen, die Pandemie sei wohl zu Ende. Die dann folgenden enormen, aber wegen der Impfungen und der Eigenschaften der Omikron-Variante weit harmloseren Zahlen des Winters 21/22 habe die Fachleute eines Besseren belehrt. Aber auch diese neue Welle habe man mit verantwortungsvollen Bürgern und Arbeitgebern, viel Impfstoff, dem Einsatz der Arztpraxen und straffer Organisation bewältigt. Am Schluss habe demnach eine hohe Eigenverantwortung der Bürger ein weiteres massives Eingreifen oder gar einen erneuten Lockdown obsolet gemacht; die Stadt und Ihr Krisenstab konnten Ihre Arbeit zurückfahren.
Der Krisenstab tagte am 27. April das letzte Mal! Ganz Vieles sei in Münster richtig gelaufen, dank der Einsicht der Bürger und des Engagements einer ambitionierten Verwaltung und deren Partnern. Heuer erzählte den gefesselt zuhörenden Mitgliedern eine spannende und lehrreiche Geschichte von Entscheidungen, Einsichten, Irrungen, nicht eingetroffenen Prognosen, harter Arbeit und echten Erfolgen. Ein guter Abend mit leisen kritischen Untertönen, erstaunlich klaren Aussagen und erheblichem Erkenntnisgewinn. Beim Blick in die Zukunft erlag Heuer nicht der Versuchung einer präzisen Vorhersage – mit Blick auf die Erfahrungen sprach er aber von bewältigbaren Szenarien. „Nun sind die Bürger wieder vollständig selbst für sich und Ihre Gesundheit verantwortlich“, meinte Wolfgang Heuer zum Schluss. Großen Dank an Stadtrat Wolfgang Heuer für diesen Abend, so Eckard Andersson.
Matthias Pape